Sonderausstellung: (Bild)Gewaltig - Wandteppiche aus vier Jahrhunderten
Seit nunmehr fünf Jahren ist es ein fester Bestandteil der Museen Schloß Voigtsberg: das Teppichmuseum Oelsnitz. „Was für Meißen das Porzellan ist, bedeutet für Oelsnitz der Teppich“, so ein Ortchronist der Stadt Oelsnitz/Vogtl. in seinen Aufzeichnungen.
Und fürwahr, ist doch die Teppichproduktion in dem vogtländischen Ort seit über 130 Jahren eng mit der Stadtgeschichte verknüpft und prägt diese noch bis heute. Dabei ist der Teppich nicht nur Schmuck oder banale Trittfläche, sondern auch ein komplexes Konstrukt aus Symbolen und Farben. So werden zum Jubiläum unter dem Titel „(Bild)Gewaltig – Wandteppiche aus vier Jahrhunderten“ hier dem Besucher, in Ergänzung zur Dauerausstellung, prachtvolle Gobelins, Wandbehänge und Tapisserien präsentiert.
Dass der Titel dabei nicht von ungefähr kommt, ist nicht nur allein den Objektmaßen der Exponate geschuldet. Auch in ihrer Unterschiedlichkeit und vielschichtigen Entstehungsgeschichte stellen sie eine besondere Auswahl dar. Da ist zum einen der Wandteppich von Ursula Mattheuer-Neustädt. Zum 1000jährigen Jubiläum der Stadt Torgau entstanden, spaltet er bis heute die Gemüter der Elbestädter. Oder auch die Tapisserie aus Aubusson zur „Josephslegende“ des französischen Meisters Francois Picon, der bis dato in den „Kunstkammern“ der Mannheimer Versicherung AG ein tristes Dasein führte. Um 1700 entstanden, bestechen dessen gewirkte Materialien aus Wolle und Seide auch heute noch, mehr als 300 Jahre später, durch Gesichter mit ihren individuellen Ausdrucksweisen und einem fulminanten Schattenspiel auf den Oberflächen.
Und nicht zuletzt fängt sicherlich ein weiteres, opulentes Meisterwerk staunende Blicke ein: Gerhard Richters „Abdu“ aus dem Jahr 2009, entstanden nach seinem Gemälde "Abstraktes Bild 724-4" von 1990. Indem Richter seinen Tapisserien nicht Titel, sondern Namen gibt, provoziert er, spielt er wieder mit gewohnter Rezeption, denn er verleiht den Teppichen Individualität, erhebt sie zum Individuum mit eigener Identität und verortet sie in den arabischen Kulturkreis, wo der Teppich per se einen ungemein höheren Stellenwert besitzt und die Assoziation zum Gebetsteppich nicht fern liegt. Das neben all den farbenprächtigen Großexponaten natürlich auch Wandteppiche aus Oelsnitz in der Schau zu sehen sein werden, ist für die Ausstellungsmacher von Schloß Voigtsberg selbstverständlich. Ob der „Bärenteppich“, „Lenin“ oder der „Lebensbaum“ - die Wandbehänge als Zeugnis der (Re-) Präsentation zeugen von der außergewöhnlichen Qualität der Oelsnitzer Produkte. Neben exemplarischen Audiostationen, einer eigens eingerichteten Kindersektion rund um den „Märchen-Gobelin“ mit „Rotkäppchen - Motiv“ oder den Filmdokumenten zu den Tapisserie-Manufakturen können sich Besucher hier von der faszinierenden Welt der Wandteppiche begeistern lassen.